Dieter Rams hinter dem Regalsystem

Dieter Rams wurde 1932 in Wiesbaden geboren. Sein Großvater war Schreiner, und Rams’ frühe Neigung zu diesem Handwerk führte ihn im zerstörten Nachkriegsdeutschland schließlich zur Architektur.

Durch einen hellsichtigen Freund auf die Stelle aufmerksam gemacht, bewarb er sich 1955 bei Braun. Erwin und Artur Braun, die nach dem Tod ihres Vaters die Firma übernommen hatten, waren dabei, das Unternehmen radikal zu modernisieren und engagierten Rams für die Gestaltung der Firmenräume.

Die Designabteilung von Braun arbeitete damals unter der Leitung von Fritz Eichler eng mit der Hochschule für Gestaltung Ulm zusammen, unter anderem mit Hans Gugelot und Otl Aicher. Schnell erkannte man Rams’ Talent und bezog ihn in die Entwurfsarbeit ein. Ein bis heute berühmtes Ergebnis war der Phonosuper SK4 von 1956, dessen Plexiglasdeckel ihm den Spitznamen „Schneewittchensarg“ einbrachte.

Von 1961 bis 1995 leitete Rams die Designabteilung bei Braun. Zusammen mit seinem Team war er dort für viele wegweisende Elektrogeräte des 20. Jahrhunderts verantwortlich.

In seinem ersten Jahr bei Braun skizzierte der 23-jährige Rams einen Vorschlag für die neue Innenraum-Gestaltung der Firma.

Auf der hinteren Wand des radikal modernen Entwurfs findet sich die allererste Idee zu einem schienenbasierten, wandmontierten Aufbewahrungssystem.

Als Rams 1959 Erwin Braun um Erlaubnis bat, Möbel für Niels Vitsœ und Otto Zapf zu entwerfen, wurde ihm diese sofort gewährt: „Das wird dem Absatz unserer Radios helfen.“

Im folgenden Jahr wurde das wandmontierte Regalsystem 606 auf den Markt gebracht.

Die zweigleisige Karriere Dieter Rams’ dauerte bis zu seiner Pensionierung bei Braun 1997. Er hält an der Überzeugung fest, dass das beste Design durch die enge Zusammenarbeit von Unternehmer und Designer entsteht.

Bis heute arbeitet er für Vitsœ.

Dieter Rams’ Skizze von 1955 – man beachte die hintere Wand.

1976 hielt Rams in New York eine vorausschauende Rede. Unter dem Titel „Design by Vitsoe“ erläuterte er seine Vorstellung von verantwortungsvoller Gestaltung.

Mit dem Hinweis auf die „zunehmende und unumkehrbare Knappheit natürlicher Ressourcen“ fordert er darin Designer – und alle anderen – dazu auf, mehr Verantwortung für ihre Umwelt zu übernehmen.

„Ich glaube, dass zukünftige Generationen erschaudern werden, angesichts der Gedankenlosigkeit, mit der wir unsere Häuser, unsere Städte und unsere Landschaft mit aller Art Plunder vollstopfen.“

Seither hat Rams sich für ein „Ende des Verschwendungszeitalters“ eingesetzt und beharrlich die Frage gestellt, wie wir auf einem Planeten mit endlichen Ressourcen überleben wollen, wenn wir alles einfach nur wegwerfen.

Dieter Rams’ Arbeiten werden in Museen auf der ganzen Welt ausgestellt. Zusammen mit seiner Frau gründete er die „Dieter und Ingeborg Rams Stiftung“, die uns alle zu einem rücksichtsvolleren Leben ermutigen will.

Dieter Rams, Design by Vitsœ
Braun SK 4 radiogram
Braun Phonosuper SK 4, 1956, Entwurf: Hans Gugelot und Dieter Rams

Das Zuhause des guten Designs

Dieter Rams’ Wohn- und Atelierhaus aus dem Jahr 1971 ist unter Denkmalschutz gestellt worden.

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