Vitsœs Zuhause an der West Coast
Nach dem Umzug von Vitsœ und seiner Familie nach Los Angeles im Jahr 2011 hat Rob Fissmer nun unser ersten Shop an der West Coast eröffnet.
Worte und Fotos: Vitsœ
Rob eröffnet das Gespräch mit einer Entschuldigung dafür, dass er „so schwer greifbar“ sei, während er sich durch den neuen Lagerraum kämpft, schulterhoch versunken in ordentlich gestapelten Kartons. Er pausiert, um einen Bohrer zurück in die Ladestation zu stecken, und erklärt, dass die Eröffnung des neuen Vitsœ Shops in Los Angeles für ihn eine von diesen Situationen sei, „in denen man irgendwie alles macht, aber ich mag es so.“
Rob kann einen großen Umzug durchhaus bewältigen, schließlich hat er jahrelange Erfahrung. Geboren wurde er in St. Louis, Missouri, verbrachte seine High-School-Jahre in Hong Kong, bevor er für ein Architekturstudium an der Rhode Island School of Design in die USA zurückkehrte. Nach dem Abschluss arbeitete er für einen Bildhauer in Providence bis zum “unvermeidlichen Umzug nach New York”, wie Rob es ausdrückt.
Seine Beziehung zu Vitsœ begann zufällig eines Nachmittags, als er an einem makellos gestalteten Schaufenster in der Greene Street in New York vorbeiging. Es gehörte zu Moss, die mit ihrem „Shop als Galerie“ ein neuartiges Konzept für den Einzelhandel begründeten. Durch das Fenster hindurch erspähte er ein großes Regalsystem an der Rückwand.
„Ich habe für einen Architekten gearbeitet und war noch relativ neu in der Stadt”, sagt Rob. „Ich erinnere mich daran, wie ich buchstäblich in den Laden hineingesogen wurde und mich bald in Möbel und Industriedesign verliebte. Kurz danach habe ich angefangen, für Moss zu arbeiten, und so kam ich mit Mark [Mark Adams, Geschäftsführer von Vitsœ] und dem Vitsœ-Team in Kontakt.“
2006 kündigte Rob bei Moss, um als Innenarchitekt zu arbeiten – und sich mehr und mehr für Vitsœ und Dieter Rams zu begeistern, bis 2009 ein überraschender Anruf von Mark Adams kam. Grinsend gibt er zu, dass er keine Sekunde gezögert habe, als Mark ihn fragte, ob er helfen wolle, das erste Geschäft von Vitsœ in New York zu etablieren. Der neue Shop in der 33 Bond Street wurde im September desselben Jahres eröffnet.
2011 arbeitete Rob an der Spitze des Vitsœ Shops in New York, als seiner Frau, Elise Loehnen, ein Job in Kalifornien angeboten wurde. „Wir konnten das nicht ablehnen”, erklärt Rob, „also begannen Mark und ich darüber nachzudenken, den Umzug als Chance zu nutzen, auch Vitsœ nach LA zu bringen.” Und so zogen Rob, seine Frau und Vitsœ in eine Wohnung in Venice, die Vitsœs Basis in Los Angeles wurde. Zum ersten Mal konnten Kunden an der Westküste für ihre Planung persönlich mit Vitsœ in Kontakt treten und die Möbel in Anwendung sehen.
Ein Jahr später bezogen Rob und Elise ihr Traumhaus in den Crestwood Hills. In den folgenden fünf Jahren, in denen sie ihr Zuhause für Vitsœ-Kunden öffneten, entpuppte sich ihre wachsende Familie als zuverlässiger „Eisbrecher“: „Es kamen so oft Paare mit Kindern, die erleichtert waren, dass sie die Kleinen einfach in einen Haufen von Max’ Spielzeug setzen konnten, während wir ihre Möbel planten“, erklärt Rob. „Aber ich war ohnehin immer ein Zwangscharakter, was Organisation im Allgemeinen betrifft, sodass ich eigentlich nie Sorge hatte, ob das Haus ordentlich genug war.“
Würde das in jeder Stadt funktionieren? „Die Arbeitskultur hier ist persönlicher”, meint Rob. „Vielleicht sind die Terminpläne nicht so starr wie anderswo. Sehr viele Leute arbeiten von zuhause aus - Drehbuchautoren etc. -, Meetings finden im Haus von Produzenten statt, sodass die Idee, ins Auto zu springen und zu jemandem nach Hause zu fahren, um ‘Geschäfte zu machen’ hier nichts ungewöhnliches ist.“
In den vergangenen Jahren, seit Rob und Vitsœ nach Los Angeles gezogen sind, ist der Kundenkreis stetig gewachsen – und mittlerweile zu groß für das Haus von Rob und Elise. Ein neuer Ort musste gefunden werden.
„LA ist so eine weitläufige Megalopolis”, erklärt Rob die Herausforderung. „Es gibt nicht viele Gegenden zum Schlendern, aber wir brauchten einen Ort mit einer ähnlichen Umgebung wie die unserer Shops in New York, München und London.“
Vitsœs neuer Shop in Los Angeles, der im Juli eröffnete, befindet sich in einem der wenigen Fußgängerbereiche von Los Angeles auf der West 3rd Street. „Hier kommt durchaus mal jemand auf der Suche nach einem Fisch-Taco vorbei und fragt sich, was denn hier los ist,“ scherzt Rob.
Vitsœ teilt sich das neue Geschäft mit Mud Australia. 1994 von Shelley Simpson gegründet, stellt Mud einzigartiges Porzellan für den täglichen Gebrauch her, das sich durch seine kreidige Farbpalette auszeichnet. Die Beziehung zwischen Mud und Vitsœ besteht schon seit 2005, sodass sich die Kooperation für Rob ideal fügt: „Mud verwenden schon seit Jahren das 606 für die Präsentation ihrer Produkte. Für ihre neue Filialie in LA hatten sie bereits eine perfekte Immobilie auf der West 3rd Street gefunden, aber sie war ein bisschen zu groß, und so kamen wir über einen ‘Shop im Shop’ ins Gespräch. Wir wussten, dass der gesamte Raum mit 606 bestückt werden würde, also war es ein Kinderspiel.“
Neben einem idealen Ort für Vitsœ suchte Rob auch den perfekten Partner – und fand Andrea Minton: „Sie ist großartig! Sie bringt eine Menge Knowhow im Design und Einzelhandel mit, kennt viele Leute und ist mit LA vertraut. Sie ist schon sehr viel länger hier als ich und wird uns über ihre Planungserfahrung hinaus eine große Unterstützung sein.“
Das neue Zuhause für Vitsœ hat Rob das ganze Jahr über geplant und den Shop so funktional und komfortabel gestaltet, dass die Kunden sich darin so wohlfühlen können, als würden sie ihn zuhause besuchen.
Als er auf das neu montierte 620-Sofa zeigt, sagt er: „Dort wird es kleine 621 Tische geben, auf denen man seinen Kaffee abstellen kann; es gibt einen Fernseher und ein Soundsystem in einer Bücherwand. Für den Boden haben wir einen Teppich ausgesucht. Wir sorgen dafür, dass der Raum sich warm und belebt anfühlt. Es sind immer die Materialien um Vitsœ herum, durch die es wirkt. Der Shop ist ein Ort, an dem man sich fühlen kann wie … zuhause.“