Weir und wunderbar
Gelato-Aficionados Caroline und Robin Weir sprechen über ihr Leben, ihre Arbeit und die Suche nach dem ultimativen Vanilleeis
Von: Kassia St Clair
Photos: Vitsœ, @BompasandParr
Für manche duldet das Wort „unmöglich“ keinen Widerspruch; für andere stellt es eine Herausforderung dar. Caroline und Robin Weir gehören zur letzteren Kategorie, was sich zeigt, wenn sie über die kniffligsten Eisrezepte sprechen, an denen sie je gearbeitet haben. „Alles was mit…“ fängt Caroline an, und Robin fällt ein: „… Coca Cola. Und Schokolade, wenn man Komplexität will, ohne dass es zu dunkel oder mehlig wird.“ Zurück zu Caroline: „Auch Ananas – die Säure verträgt sich nicht wirklich mit Milchprodukten. Und in Sorbets und Granita ist sie auch nicht gut, weil sie so faserig ist.“ Dazu muss man wissen, dass der Bestseller der beiden, Ice Creams, Sorbets & Gelati, nicht weniger als sieben Rezepte mit Ananas und 38 mit Schokolade enthält, von klassischen Sorten wie Stracciatella und Schokolade mit Haselnuss, bis hin zu eher verblüffenden Geschmäckern wie „Schokoladengelato mit Tabak“. Die einzige Geschmacksrichtung, an der sie jemals wirklich gescheitert sind, war die schottische Kult-Limonade Irn-Bru. „Unser bester Versuch sah aus, als wäre er radioaktiv“, seufzt Robin. „Und es hat einfach furchtbar geschmeckt.“
Die beiden Autoren, die schon viele Preise gewonnen haben, sind sozusagen die Verkörperung von Eiscreme. Sie besitzen eine museumsreife Sammlung von Geräten und Gegenständen, die mit Eisherstellung zu tun haben, und ihr umfassendes Buch gilt auch 30 Jahre nach seiner Erstveröffentlichung noch als ultimativer Ratgeber. Weitere Aktivitäten wie zum Beispiel ihre Kollaboration mit dem gastronomischen Kreativstudio Bompas & Parr für die Ausstellung „Scoop“ im British Museum of Food in London haben ihren Status als authentische Eiskenner untermauert.
Der Weg zu ihrer Liebesgeschichte war lang und gewunden. Robin begann seine Karriere im Einzelhandel, machte eine Ausbildung im Londoner Kaufhaus Harrods und arbeitete dann bei Rackham’s, einem anderen berühmten Kaufhaus in Birmingham in England, bevor er bei der Luxusmarke Alfred Dunhill als Direktor für Designentwicklung anfing. Mit Ende 20 wurde er Leiter der amerikanischen Tochtergesellschaft von Dunhill; eine Position, die er sieben Jahre lang innehatte. Danach kehrte er nach England zurück und machte sich kurz darauf selbstständig. Caroline entwickelte und testete währenddessen Rezepte für die britische Starköchin Delia Smith, schrieb ihre eigenen Bücher und arbeitete in der Buchhandlung „Books for Cooks“ in Notting Hill, London.
In den 1980er Jahren leitete Robin eine Produktentwicklungsfirma und begeisterte sich für ein wenig bekanntes italienisches Lebensmittel, „Mostarda di Venezia“, eine mit Senf gewürzte Quittenkonserve. „Leider bin ich, wie Caroline bestätigen wird, von Natur aus obsessiv“, erklärt Robin. Als er anfing, sich mit Senf zu beschäftigen, konnte er nicht mehr aufhören. Er stürzte sich in die Recherche und probierte alles Mögliche aus, von einem Senfbad („das Dümmste, was ich je getan habe: Ich war rot wie ein Hummer“) bis hin zu gemäßigteren Nachforschungen in der bereits erwähnten Buchhandlung in Notting Hill. Hier lernte er auch Caroline kennen, aber so richtig zusammengefunden haben die beiden erst ein paar Jahre später, als er mit einer neuen Leidenschaft ankam: selbst gemachtes Eis.
Angefangen hatte alles ganz prosaisch mit einem Zwischenfall im Supermarkt. An einem Samstagmorgen schmuggelten Robins drei Kinder einen großen Becher Eiscreme in den Einkaufswagen. Anstatt sie zu zwingen, das Eis auf der Stelle wieder in die Tiefkühltruhe zu bringen, beschloss er, ihnen auf andere Weise beizubringen, dass Qualität wichtiger ist als Quantität. „Ich nahm den Becher mit nach Hause, setzte mich mit ihnen hin und las ihnen die lange Liste mit all den seltsamen synthetischen Zutaten vor, damit sie sehen konnten, dass es absoluter Mist war. Dann schüttete ich das Eis in die Spüle.“ Das löste natürlich eine Flut von Tränen aus, aber die Lektion war noch lange nicht vorbei. „Ich sagte ihnen, sie sollten sich anziehen, denn wir würden losziehen und unsere eigene Eismaschine kaufen“. Den Rest des Wochenendes verbrachten sie damit, jede erdenkliche Geschmacksrichtung herzustellen. Für Robin war es der erste Schritt in ein neues Leben.
Bei einem Besuch in Caroline und Robins Haus im Westen Londons wird deutlich, wie sehr sie sich ihrer Leidenschaft für Eis hingegeben haben. Ihre Wohnung im Industriestil ist klein, aber funktionell, die Küche ist vollgestopft mit Geräten, Formen, Pfannen und einer gut gefüllten Speisekammer. An einer hohen Wand hängen ein gigantischer Eierkocher und ein Wandteppich eines skandinavischen Künstlers, der ein Spiegelei darstellt. An einer anderen Wand – die vollständig von ihrem Regalsystem vereinnahmt wird – sind Kochbücher, Geräte, Kunstgegenstände und Schubladenfächer ausgestellt. All dies stellt nur einen Bruchteil des Eisarchivs dar, das neben Bildern, Drucken, Kannen, Formen und Penny Licks (kleine Gläser, die vor der Erfindung der Eiswaffel zum Servieren von Eis verwendet wurden) auch 45 Eismaschinen und über 600 Bücher umfasst, von denen die ältesten aus dem Jahr 1700 stammen. Dieses Material hat ihnen reichlich Stoff für ihre eigenen Bücher geliefert: Ice Creams, Sorbets & Gelati und ihr früheres Buch Ices, in denen sie die Geschichte und die Wissenschaft des Speiseeises erläutern und Rezepte für alles Mögliche bieten, von „Lebkuchengewürzkeksen“ bis hin zu „Zabaglione-Gelato“.
Was hat es nur mit Eis auf sich, dass es sie über drei Jahrzehnte hinweg so in seinen Bann gezogen hat? Zum Teil hat es mit ihrer Empörung über die miserable Qualität der meisten kommerziellen Eiscremes zu tun. „Eis wird nach Volumen verkauft, nicht nach Gewicht“, erklärt Caroline. „Hersteller versuchen deshalb, so viel Luft unter ihre Produkte zu heben wie möglich.“ Im Gegensatz dazu ist das Grundrezept für hausgemachtes Eis extrem einfach. „Es gibt nicht viele Kochrichtungen, die mit so wenigen Zutaten auskommen: Milch, Sahne, Zucker und manchmal Eier. Das war’s.“ Und obwohl sie sich nicht scheuen, ungewöhnliche Geschmacksrichtungen auszuprobieren – Oktopus, Käse, braunen Zucker, Knoblauch und natürlich Irn-Bru, um nur einige zu nennen – ist es die Suche nach dem perfekten Vanilleeis, die sie wirklich antreibt. „Ohne anständiges Vanilleeis“, erklärt Robin, „kann man gar nichts machen”. Eine Herausforderung, wenn es je eine gab.
Rezept: Einfaches Vanilleeis „Philadelphia”
Aus: Ice creams, Sorbets and Gelati – The Definitive Guide by Caroline and Robin Weir
Dies ist die einfachste Art von Philadelphia-Eis (oder eifreiem Eis) und eignet sich bestens zum Selbermachen, besonders für Kinder. Wie der Name schon sagt, hat dieses Rezept seinen Ursprung in Philadelphia. Da es kein Ei enthält, schmilzt es schneller und hat die charakteristische Eiseskälte von altmodischem Eis. Auch die deutlich sichtbaren Vanillekörner sind typisch für diese Art von Eis.
Ergibt etwa 750 ml
Zutaten
Vanilleschote: 1
Vollmilch: 375ml
Unraffinierter Kristallzucker: 50g
Gezuckerte Kondensmilch, gekühlt: 125ml
Sahne (36% Fettgehalt), gekühlt: 250ml
Salz: ¼ Teelöffel
Zubereitung
Die Vanilleschote der Länge nach aufschneiden und mit der Milch und dem Zucker unter gelegentlichem Rühren bis knapp unter den Siedepunkt erhitzen, abkühlen lassen und in den Kühlschrank stellen. Die Schote herausnehmen, das Mark auskratzen und in die gekühlte Milch geben.
Die gekühlte Kondensmilch und die Sahne dazugeben. Unter gelegentlichem Rühren einfrieren.
Innerhalb einer Stunde servieren oder, falls fest gefroren, vor dem Servieren 20 Minuten im Kühlschrank auftauen lassen.